Ich finde, das Buch fordert Höhe Konzentration. Es hat viele unterschiedliche ansprusvolle Aspekte.
Es ist extrem konstruktivistisch, gleichzeitig übt es starke Kritik an der kontsruierten Wirklichkeit. Oft finde ich es paradox. Zum Beispiel, dass die Protagonisten keine Namen haben, dann aber immer wieder Namen, die keinerlei Rolle spielen, aufgezählt werden. Unsinnigkeit wird hier zum Stilmittel.
Auf jeden Fall habe ich noch nie so ein Buch gelesen, das nicht original auf deutsch war.
Was die Namen betrifft: Ich habe ein Interview mit der Autorin gelesen, worin sie sagt, dass sie das Buch eigentlich mit Namen schreiben wollte, sie letztlich aber herausgenommen hat, weil es einfach nicht gepasst hat für sie. Für mich ist das Ganze dadurch stimmiger, es macht das Buch zu etwas Besonderem. Es passt ja auch zum Thema: Namen verleihen Identität und Individualität und die sind in einer Gesellschaft wie dieser einfach unerwünscht.
Der Effekt der Namenlosigkeit der handelnden Figuren war für mich einerseits eben passend und nach einer Zeit der Eingewöhnung fühlt es sich auch natürlich an. Allerdings muss man wirklich viel Konzentration aufbringen, um die Figuren voneinander zu unterscheiden. Als in diesem Kapitel “echter Milchmann” dazukam und es plötzlich zwei Milchmänner gab, war ich schon etwas verwirrt…Ging es euch auch so - Milchmann vs. echter Milchmann?
Ich liebe es ja, wenn es in historischen Romanen, gerade in Romanbiographien, Stammbäume (wenn es um reale Personen geht) oder ein Personenverzciehnis gibt, hier benötige ich es aber nicht. Ich war natürlich ganz zu Beginn auch irritiert vom echten Milchmann, aber das hat sich gelegt.
Übrigens fand ich es bemerkenswert, das mit ihm eine rein positive Figur das Setting betritt. Ich bin gespannt, ob es dabei bleibt - ob die Erzählerin ihm tatsächlich vertrauen kann. Er wirkt als eine Art Schutz für sie.
Naja, die kleinen Schwestern sehe ich auch positiv, aber sie sind der Erzählerin keine Stütze, da ist es eher umgekehrt der Fall. Wobei: sie wirken frei auf mich mit ihren Ideen und Gedanken. Mutig irgendwie.
Ein Beispiel für den Humor der Autorin fand ich auf S. 163, das “Willkommenspaket für Anhängsel”, das die Frauenrunde der Erzählerin auf der Toilette bot. Diese Runde sehe ich als Teil des Wilden, Ursprünglichen im Roman, wo eine Art Hatz stattfindet, hier soll die achte Frau in der Runde “erbeutet” und zu ihresgleichen gemacht werden.
Ansonsten geht der Klatsch und Tratsch ja bis zum Rufmord, wenn nicht darüber hinaus.
Dieser Abschnitt hat mir bislang am besten gefallen, weil er deutlich konkreter wurde. Er verdeutlicht die Absurdheit der Gedankengänge, die tradierten Vorstellungen von wir vs. die, die für alle letztlich nur Leid gebracht haben und die Menschen in der Gewaltspirale gefangen hält. Alle sehnen sich nach Frieden und blenden in bestimmten Situationen die Herkunft des anderen aus.
Erschreckend, wie der Milchmann Macht gewinnt, woher er seinen Informationen bezieht und diese geschickt im Gespräch einbringt.
Ich habe mich gefragt, ob er überhaupt ein politisch motivierter Aktivist ist oder ein stinknormaler Psychopath und ob die Leute das noch unterscheiden können.
Nachdem ich mich im zweiten Abschnitt in der Geschichte zu Recht gefunden habe, kann ich jetzt im dritten das Buch genießen. Vor allem die Sprache ist so gewitzt, mit so vielen Fassetten und Ideen, dass es Spaß macht sie zu erkunden – und erkunden muss man das Buch wirklich: Der Schreibstil ist verschachtelt. Öffnet man diesen Schachteln entdeckt man darin allerhand: Humor, historische Fakten, Vorgeschichte, Gedanken und Metaphern.
Dabei – oder gerade deswegen – hat die Erzählung Tiefe; so steht doppelt so viel zwischen den Zeilen, wie in den Zeilen. Vielleicht verliert sie sich hin und wieder zu sehr darin – lässt die Handlung für einige Seiten erstarren, weil der Gedankengang in diesem einen Moment von einem Punkt zum nächsten führt und sich fortsetzt, bis der eigentliche Ausgangspunkt schon wieder vergessen ist, bis die Autorin den Leser mit einen Ruck dorthin zurückreißt. Das macht die Handlung langsam und träge. Nichtsdestotrotz kommt sie voran, wenn auch schleichend.
Tarnnamen sind aus meiner Sicht auch Selbstschutz, ein “der, dessen Name man nicht ausspricht” und Schutz anderer Beteiligter, die man nicht in Schwierigkeiten bringen will. Wenn ich an die ehemalige DDR denke, als allen klar war, dass die Stasi jedes Wort mithört und mitliest und man deshalb über “Onkel” sprach, die noch niemand gesehen hatte.
Die Milchmänner waren gut zu unterscheiden, viel mehr hat mich irritiert, dass die drei kleinen Schwestern fast immer zusammengefasst wurden, als seien sie nur eine Person - oder eine Art kollektives Bewusstsein.
Das macht Sinn! Der Bezug zur ehemaligen DDR hat sich bei mir noch gar nicht aufgetan, aber sehr interessant zu wissen dass es dort auch diese Tarnnamen gab.
Das dritte Kapitel hat schon Aufmerksamkeit erfordert. Mein Lesetempo wurde radikal gedrosselt. Aber es war toll gemacht, denn die erzählte Zeit waren ja nur ein paar Stunden, nämlich der Französischkurs und der Weg nach Hause. Was aber in dieser Zeit im Kopf der Ich-Erzählerin thematisch alles abgehandelt wurde, war schon enorm.
Ich lese das Buch und den Schreistil immer noch sehr gerne. Es ist eben kein Text für Zwischendurch. Manchmal muss man auch seine Komfortzone verlassen, ich denke, es lohnt sich.
Ja, liest sich für mich generell wie in totalitären Systemen, in denem man sich nicht klar äussern konnte, keine gegenteiligen Meinungen toleriert wurden, Paranoia herrschte etc.
Die Beschreibung dieser Unterrichtsstunde mit dem Sonnenuntergang fand ich phenomenal. Etwas schade fand ich, dass die Autorin danach vieles nochmal “übersetzt” hat, novhmal in klare, deutliche Worze gefasst hat. Für mich wäre das gar nicht nötig gewesen, da fand ich, hat sie dem Leser zu wenig zugetraut.
Insgesamt wiederholt sich einiges, das ermüdet, wobei ich schon sehr gefesselt bin. Muss aber auch sehr konzentriert lesen.
Jede Seite wird mir zudem klarer, dass ich vom Nordirlandkonflikt kaum Ahnung habe und dringend recherchieren muss…
Irritiert war ich von den Beschreibungen der Frauen, die sich den Paramilitärs/ den Verweigerern anhängen. Da bin ich tatsächlich überrascht und hätte hier einen anderen Frauen"typ" erwartet. Was habt ihr dazu gedacht?
Ich fand die Französischstunde mit dem Sonnenuntergang gut geschrieben, auch das es in dem Unterricht nur wenig um französisch geht passt zu dem totalitären System wo sich die Menschen ihre Fluchten suchen.
Der echte Milchmann kommt noch sehr positiv rüber,ich bin gespannt ob das so bleibt oder ob er nicht ein falsches Gesicht zeigt.
Mit dem Schreibstil kann ich mich nicht anfreunden, aber ich möchte schon gerne wissen wie es weitergeht.
Die Wiederholungen müssten für mich auch nicht sein.