Es gibt solche und solche Krimis. Ich meine die, bei denen man als Leser miträtseln kann und nicht solche nervenaufreibenden, bei denen die Ermittler „ins Visier des Täters geraten“, wie es immer so schön heißt. Schöne Who-Dunnits eben. Aber die werden heute wohl kaum noch geschrieben.
Solche Aussagen bringen mich immer wieder ins grübeln… Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mich „anspruchsvolle“ Literatur durchaus unterhält. Ubd Unterhaltungsliteratur auch anspruchsvoll sein kann.
Wie sind solche Begriffe denn definiert? Wer definiert das?
Belletristik ist ja kein wissenschaftlicher Begriff, sondern wird vor allem im Buchhandel verwendet, so dass es da keine klar umrissene wissenschaftliche Abgrenzung gibt. Ich habe nachgedacht, wie ich für mich den Unterschied zwischen Belletristik und Literatur definieren würde.
Ich würde sagen, dass Belletristik in erster Linie der Unterhaltung einer tendenziell breiten Leserschaft dient, während Literatur inhaltlich, sprachlich und hinsichtlich ihres erzählerischen Aufbaus eine gewisse Komplexität und einen höheren Anspruch aufweist (Sprachliche Gewandtheit, Stil, inhaltliche Tiefe, Figurenzeichnung etc.). Dennoch kann natürlich Literatur auch unterhalten
Ich finde das Angebot momentan sehr gut, ich habe da ehrlich die Qual der Wahl. Ich mag Literatur genauso wie Thriller, beides unterhält mich gut, wenn es gut geschrieben ist.
Ja, Belletristik wird im Buchhandel relativ einheitlich verwendet - allerdings für alle fiktionale Literatur. Im Gegensatz zu nicht fiktionaler Literatur wie Sach- und Fachbücher, Biografien, Ratgeber. Das enthält in diesem Sinne ja keine „Wertung“ über das Anspruchsniveau, sondern beschreibt die inhatliche Art der Literatur.
Es fällt mir immer noch schwer, mich mit deiner persönlichen Definition abzufinden. Es hat für mich einen „abwertenden“ Beigeschmack. (Obwohl mir natürlich klar ist, dass es eben eine „persönliche“ Defintion ist!)
Nehmen wir zum Beispiel ein Buch wie „Babel“ von R.F. Kuang - durch die fantastischen Elemente und den stark fiktionalen Charakter des Buches müsste es eigentlich zu Unterhaltungsliteratur zählen, vielleicht sogar zum Genre Fantasy, das ja oft literarisch anspruchslos geschimpft wird. Inhaltlich und thematisch hat das Buch aber ziemlich viel zu bieten, vermittelt sprachwissenschaftlich interessante Denkanstösse, setzt sich mit kultureller Aneignung auseinander und wirft moralische Fragen auf. Stilistisch ist es ansprechend verfasst und die Figurenzeichnung ist komplex und tiefsinnig. Erfüllt das dann deine Kriterien? Patrick Rothfuss sprachliche Gewandtheit und stilistische und strukturelle Rafinesse beeindrucken mich immer wieder. Und intern logisch ist die inhaltliche Tiefe seiner Fantasywerke beeindruckend.
Werke wie „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley gelten heute als Klassiker der Literatur und düften wohl deinen Ansprüchen von „anspruchsvoller Literatur“ genügen. Mit dem heutigen Genreverständnis handelt es sich hierbei aber eindeutig um Science Fiction. Allgemein sind gesellschaftspolitische Fragestellungen in SciFi oft Mittelpunkt der Geschichte - das Genre an sich gilt aber als „niedere“ Unterhaltungsliteratur.
Wo sollen dann Grenzen gezogen werden? Hat ein Buch, das dem „falschen“ Genre angehört überhaupt die Chance als „anspruchsvolle“ Literatur zu gelten? Oder fallen diese, ungeachtet ihrer stilistischen, inhaltlichen, sprachlichen Güte und der thematischen Auseinandersetzung von vornherein durch?
Danke für die Erklärung des Begriffs Belletristik, ich war hier schon öfter verwirrt, weil er in der Buchbranche anscheinend oft nur für einen kleinen Teil der fiktionalen Literatur verwendet wird - dabei habe ich den Begriff auch so kennengelernt, wie du ihn beschreibst. An dieser Stelle ein Lektüretipp im Sachbuchbereich: In „Frauenliteratur“ zeigt Nicole Seiffert, wie oft Bücher von Frauen in den Unterhaltungsbereich eingeordnet und damit abgewertet werden, während Männer die sog. Klassiker schreiben.
Und ich bin vom alten Schlag und stolpere gern über „Literatur“, denn alles, was man liest, ob Krimi oder historischer Roman, ob Horror oder Science Fiction, ob Erotik oder Liebesroman, ist Literatur.
Mir ist es völlig egal, wer ein Buch, das ich lieb(t)e, wie einsortiert. Mir hat es gefallen und alles andere ist unwichtig. Ob es für einen Reich-Ranicki Schundliteratur ist oder für eine Elke Heidenreich hohe Unterhaltungsliteratur oder was auch immer - e g a l.
Ich selbst kann von Anfang an nix mit der sogenannten erotischen Literatur anfangen. Schon der Hype um 50 Shades of Grey hat mich erstaunt. Aber ich werte diese Literatur nicht. Sie hat Fans, also hat sie auch einen Wert.
Geschmäcker sind verschieden und man sollte sich nie von Schubladendenken beeinflussen lassen.
Diesen Gedanken hatte ich auch gerade.
Für mich gibt es diese Unterscheidung: Fiktion oder Non-Fiktion - ich lese zu 99,9 Fiktion, wenn auch nicht alle Genres!
Das ist Deine Unterscheidung und die nimmt Dir keiner.
Für mich ist allerdings jedes Buch, das kein Sach-/Fachbuch oder eine authentische (Auto-)Biografie ist, Fiktion. Denn ich gehe doch stark davon aus, dass die ganzen Krimis, Thriller, Liebesromane usw. nicht nach wahren Begebenheiten, sondern fiktiv, sind.
Aber das habe ich doch so geschrieben!? Ich meinte, dass ich fast nur Fiktion lese, aber nicht alles was es an Fiktion gibt, z.B. mag ich keine Liebesromane…
Diese Definition lese ich ab und zu im Netz, halte sie aber für falsch. Sie vermittelt den Eindruck, dass Belletristik und Fiktion gleichberechtig nebeneinander stehende Genres sind. Ich halte die Beziehung zwischen beiden jedoch für hierarchisch: Fiktion ist der Überbegriff für alle fiktionalen Genres, Belletristik nur ein Untergenre für leichte Unterhaltungsliteratur. Was man im Buchhandel auch allgemein „Genre“ nennt, Käufer:innen erwarten davon eine Normierung des Plots und festgelegte Merkmale.
Kuang ist dafür ein treffendes Beispiel - Literatur, aber keine Belletristik, da zu anspruchsvoll, um sich damit auf dem Sofa wegzubeamen.
Die literaturwissenschaftliche Definition ist aber nicht so, wie du schreibst.
Da wäre das Mörderarchiv was für dich gewesen.
Ich habe meine Definition nicht aus dem Netz, sondern sie gibt meine persönliche Meinung wieder. Den Begriff Fiktion verwende ich in meinem Post nirgends, daher verstehe ich nicht, warum du denkst, ich würde Belletristik und Fiktion gegenüber stellen.
Generell denke ich, dass der Wunsch nach Unterscheidung zwischen „ernsthafter Kunst“ und „Unterhaltung“, also E und U, und die tendenzielle Abwertung von U typisch deutsch ist, egal ob bei Musik (Klassik versus Rock,Pop etc) , darstellender Kunst (Theater versus Film) oder eben Literatur.
Mir persönlich ist es egal, wo ein Buch eingeordnet wird und die Meinung des Feuilleton interessiert mich nicht. Insgesamt ist mir jedoch vieles, was veröffentlicht wird, viel zu seicht und ich konzentriere mich immer mehr auf Verlage, die ich mit einem gewissen Niveau verbinde.
Ich denke nicht, dass im Buchhandel jemand die Werke von Jon Fosse, Bert Brecht oder Elfriede Jelinek als Belletristik bezeichnen würde. Gleiches gilt für im Vers verfasste Werke von Lessing, Goethe etc.
Tatsächlich frage ich mich aber bei vielen älteren Büchern auch, wie diese heute eingeordnet werden würden, wenn sie nicht schon ihren „Klassiker-Nimbus“ hätten, etwa das von Dir genannte „Schöne neue Welt“. Babel kenne ich nicht, da mich ScFi bis auf wenige Ausnahmen nicht interessiert.
Witzigerweise war es damals eben Belletristik, abgeleitet vom französischen Belle lettres. Literatur umfasste damals nur wissenschaftliche Schriften. Und Goethe war einer jener, der offenbar dafür plädierte, dass auch diese Belletristik Literatur sei.
Ja, die Bedeutung mancher Begriffe und auch die Rezeption einzelner Werke ändern sich im Laufe der Zeit.
Bekommt ihr bei „Die Entflammten“ die richtige Leseprobe?
Bei mir nur die von "Mühlensommer "
Allerdings gibt es zwei Leseeindrücke, sonderbar.