ihr habt mittlerweile sicher schon einiges an Erfahrung gesammelt, was das Schreiben und Lesen von Rezensionen betrifft und seid wahre Profis geworden. So unterschiedlich wie die Leser:innen sind oft auch Rezensionen. Welche Punkte sind euch bei Rezensionen wichtig, worauf geht ihr besonders ein?
Da ich hauptsächlich Bücher für meine Kinder besorge, und sie noch jung sind, achte ich besonders drauf, dass die Bücher gute Werte und Ideen vermitteln. Und nicht nur ausdrücklich, sondern auch ganz „nebenbei“.
Ich habe mich schon bei ein paar Büchern tierisch geärgert, weil eine Figur gemeine Kommentare macht, ohne dass es herangegangen wird, oder vielleicht sogar ohne, dass der/die Autor*in einmal bemerkt hat, dass sie gemein waren.
Ich habe mich auch einmal geärgert, weil die Hauptfigur Gurken eklig fand. Da meine Kinder fast kein anderes Gemüse essen und der Kommentar wirklich nichts zur Handlung beigetragen hat, habe ich den Teil einfach beim Vorlesen übersprungen.
Sowas versuche ich in meine Rezis zu erwähnen. Die Themen sind natürlich sehr persönlich, aber ich bin immer dankbar, wenn andere Rezensenten fragwürdige Inhalte bekanntmachen.
Ich versuche eine Rezension so zu erstellen, dass ich sie selbst gerne lesen würde.
Dazu gehört für mich:
wenn überhaupt, dann nur eine kurze Inhaltsangabe, die nicht mehr verrät als der Klappentext, aber mit eigenen Worten formuliert ist
ein paar Worte zum Aufbau: Zeitebenen, Handlungsstränge, Erzählperspektiven
sachliche, konstruktive Kritik, auch durch Zitate/argumentativ belegt. Das ist oft nicht einfach, wenn man gleichzeitig nicht spoilern möchte, und kostet am meisten Zeit beim Schreiben
was hat mich berührt/bewegt/gepackt und warum? Waren die Charaktere ambivalent und mehrdimensional oder platt?
wie habe ich den Schreibstil empfunden?
korrekte Orthografie und Interpunktion, ein gewisses Niveau bei der Wortwahl, übersichtliche Absätze
bei Kinderbüchern: stimme ich der Alterseinstufung zu?
Falls Illustrationen vorhanden sind: Wie ist der Zeichenstil? Passen sie zum Text?
Das mag ich gar nicht bei Rezensionen:
kopierte Klappentexte und bibliografische Angaben (außerhalb von Blogs)
Beschreibungen des Covers, es sei denn, es geht um eine Besonderheit, die nicht ohne weiteres zu erkennen ist, oder um Probleme (Folierung löst sich/färbt ab etc.)
Smileys und Emojis im Text, da klicke ich sofort weg
Beschreibung des Covers habe ich eine Weile gemacht, weil ich dachte, es wäre auch schön für Leute, die nicht so gut sehen können (und z.B. ihr Computer mit Screenreaders bedienen), auch wissen, wie die Covers aussehen.
Das habe ich irgendwann aufgegeben weil ich meistens nichts aussagekräftiges dazu zu sagen habe.
Das ist auch gar nicht so falsch, wie es manche oft sehen. Ein Buch hat fast immer mehr als eine „Hauptfigur“, besonders dann, wenn es mehrere Stränge hat. Somit gibt es dann auch eine Figur, die besonders heraussticht, besonders wichtig ist. Diese wird dann als Hauptprotagonist bezeichnet. Nicht ganz korrekt, aber auch nicht schlimmer, als der immer öfter auftretende das/dass-Fehler.
Die Frage passt ja wunderbar zu einem anderen Thread hier im Forum . Dadurch ist mir bewusst geworden, was mir ganz besonders wichtig ist:
Eine begründete eigene Meinung!
Das heißt: weder eine Zusammenfassung, noch eine literarische Abhandlung und schon gar keine Nacherzählung! Ich will wissen, wie der Rezensentin/dem Rezensenten das Buch gefällt und warum das so ist. Das können (aber müssen nicht) ganz unterschiedliche Punkte sein: Protagonisten, Handlung, Aufbau, Atmosphäre, Zeit, Ort, Perspektive, Erzählweise … - auch mal Aufmachung oder Klappentext.
Für mich kann ein Buch ggf. mehrere Protagonisten haben, also mehrere Hauptfiguren, aber keinen Hauptprotagonisten. Rein etymologisch stellt es mir bei dem Wort leider die Nackenhaare auf.
Mir rollen sich die Zehennägel bei einzigste, das/dass-Fehler, Rezession statt Rezension, wenn jemand etwas tun tut, als/wie-Fehler uvm. auf. Finde ich (ich, persönlich, also rein für mich) wesentlich schlimmer.
Ich finde es interessant, dass Du mehrere Protagonisten akzeptieren kannst, dem wichtigsten davon aber den kleinen Zusatz „Haupt“ nicht gönnst. Doppelt gemoppelt hin oder her. Ich sehe das als Stilmittel des Rezensierenden und verstehe auch, was er damit bezwecken oder sagen möchte. Wird sogar inzwischen anerkannt als logischer Ausdruck, eben gerade in o.g. Fällen.
Mir ist aufgefallen, dass viele bei Instagram einfach nur eine Zusammenfassung schreiben und selten eine begründete Meinung zum Buch. Ich bin erstaunt, wie erfolgreich einige damit sind
Mir ist wichtig, dass keine Spoiler vorkommen. Daran halten sich nicht alle. Deshalb lese ich selten Rezensionen vor dem Lesen.
Ich versuche bei meinen Rezensionen meinen Eindruck zu vermitteln. Das heißt wie ist der Schreibstil, was hat mir besonders gefallen oder mich besonders berührt, wie sind die Charaktere.
Das seltsame ist, um so besser ein Buch ist, um so schwerer ist die Rezension für mich, weil mir dann einfach die richtigen Worte fehlen, um mein Empfinden auszudrücken.
Bei den genannten Beispielen rollen sich meine Zehennägel mit
Die Sache mit dem Protagonisten ist halt ein Stück weit Geschmackssache. Bei mir ist es so: Gibt es eine einzige wichtigste Figur, ist das mein Protagonist. Gibt es zwei oder mehr gleichberechtigte Hauptfiguren, etwa in verschiedenen Handlungssträngen, sind das für mich die Protagonisten.
Mal eine Frage zu der hier aufgetretenen Protagonisten-Diskussion: Gibt es bei euch keine Antagonisten? Sind Hauptcharaktere bei euch automatisch die Protagonisten?
Ich spreche in Rezensionen schon selten von Antagonisten. Schon dadurch, dass es für mich nicht immer welche gibt, zum Beispiel in Liebesromanen. Selbst wenn da jemand wäre, der eine Art Gegner ist (ein Ex, ein schlimmer Boss, Rivale bei der Arbeit, etc) würde ich da eigentlich nicht von einem Antagonisten sprechen.
Für mich ist ein Antagonist eine Art Bösewicht und ich nutze den Begriff eigentlich hauptsächlich in Rezensionen zu Fantasy-Romanen, aber auch da eher selten.
Und ja, Hauptcharaktere sind für mich Protagonisten, die Wörter benutze ich synonym (außerdem auch „Hauptfigur“, seltener vielleicht auch mal „Held“). Aber ich denke, das kann man sich auch unterschiedlich definieren. Ich brauche zum Beispiel überhaupt keinen Deuteragonisten oder Tritagonisten oder was auch immer. Für mich gibt es in der Regel einen Protagonisten, oft auch mehrere (insbesondere, wenn es mehrere Erzählperspektiven gibt) und der Rest sind Nebencharaktere.
Mir ist es wichtig in meinen Rezensionen eine kurze, spoilerfreie und WICHTIG selbstgeschriebene Inhaltsangabe zu haben.
Danach gehe ich auf den Schreibstil, Spannungsbogen ( bei Krimis), Authentizität, Plot, spezifische Details, Charakterisierung … ein.
Negative Punkte müssen begründet sein. Smileys usw sind ein No go. Details zu Autorin / Autor nur wenn es für die Geschichte eine Rolle spielt. Wie zb. die Autorin lebte jahrelang auf Sylt, was man gut merkt, denn…