Puh, ich fange nun mit Kapitel 7 an. Da ich also noch nicht ganz durch bin mit dem Buch, traue ich mich noch nicht eure Kommentare zu lesen.
Aber das sechste Kapitel geht heftig aus, deshalb muss ich schon was dazu schreiben.
Schon während des Telefonats mit Vielleicht-Freund fand ich unsere Protagonistin wieder schrecklich. In was hat sie sich da nur reingesteigert. Nichts von ihrer Gefühlswelt dringt mehr nach außen, sie kann nicht kommunizieren. Natürlich hat die ganze Milchmann-Geschichte ihre Problematik verschärft, ist Schuld an all diesen Situationen, hat die Negativ-Spirale in Gang gesetzt. Doch sie hatte von Anfang an diese arrogante Attitüde, hat sich dafür entschieden, nichts und niemanden an sich heran zu lassen. Hat sich durch ihre naive und gleichzeitig arrogante Art in Gefahr gebracht.
Ich finde meine Reaktion auf sie als eigentlich unschuldige Figur falsch, aber leider empfinde ich das so.
Als sie endlich rekapituliert, sich in ihr Schicksal fügt und beim Milchmann in den Lieferwagen steigt; als er die Führung über sie und ihr Leben in wenigen Worten übernimmt, empfand ich das tatsächlich als Erleichterung ! Völlig verrückt, ich weiß!
Dieses Buch ist erstaunlich…
Aber aus Vielleicht-Freund werde ich nicht so recht schlau. Warum war er so bemüht um sie, wenn er doch eher in Chefkoch verliebt ist? Oder hat sie das falsch interpretiert und auch Vielleicht-Freund hat sich einfach nur der fordernden Liebe Chefkochs hingegeben? So wie sie es letzten Endes mit dem Milchmann geschehen lässt…
Ja, ich habe auch über darüber nachgedacht, warum diese zwei Männer eigentlich Milchmann heissen. Der eine ist der “gute”, der andere der " böse", ( mal ganz platt formuliert). Sollen sie “einfach” Antagonisten sein, um verschiedene Seinsformen des Mannes darzustellen oder steckt da noch mehr dahinter?
Oh, hast du den Ulysses bis zum Ende geschafft? Ich hätte das nicht geschafft…:)) Aber ich höre seit einiger Zeit, und bin sehr begeistert, eine Deutschlandradioproduktion, als Hörspiel, die sehr textnah ist. Ich hatte schon seit Jugendzeiten den Ulysses im Visier und nun weiss ich endlich, was es damit auf sich hat…:)))
Milchmann ist da allerdings wirklich sehr viel eingängiger, ähnelt vielleicht dahingehend, dass man sehr nah an ihren Gedanken dran ist…
Ich denke mal, dass es zu dieser Zeit in dieser Gesellschaft, wo keiner anders sein darf auch schwierig ist, homosexuell zu sein. Wahrscheinlich war es für Vielleicht-Freund auch einfacher, der gesellschaftlichen Norm zu entsprechen und mir der Protagonistin zusammen zu sein, als sich zu Chefkoch zu bekennen. Und vielleicht hat er auch sich selbst belogen und alles für in Ordnung gehalten, bis er dann verletzt war und Vielleicht-Freund sich seine Liebe eingestanden hat?
Es taucht auch später noch eine weitere Erklärung für den Namen auf. Aber an euren Ideen ist was dran.
Zum Vielleicht-Freund: Das stimmt. Er kann es sich vermutlich auch nicht eingestehen. Was mich stutzig macht, ist, dass er immer recht bemüht um Vielleicht-Freundin war, mehr als sie um ihn und dass er in der Küchenszene noch sagt: “Lass, ich bin nicht so einer…”
Und natürlich auch das Wissen darum, dass Milchmann in die Prügelei eingegriffen hat. Hatte er sie angestiftet? Was genau ist passiert?
Ich fand das Ende sehr stimmig. Und es kommt mir sehr wohlüberlegt vor.
Ich habe gege Ende das Gefühl, dass alle Fäden zusammen laufen. Und die Geschichte außerdem eine andere Richtung und Gewichtung bekommt. Die Geschichte der Mutter und des Echten Milchmanns sehe ich nun fast als Kern der Geschichte. Und die Geschichte der Tochter muss im Zusammenhang mit der der Mutter gedeutet werden. Welche Parallelen gibt es? Warum reagiert die Mutter ihrer Tochter gegenüber wie sie es tut.
Ich hab fast das Gefühl, dass es tatsächlich den Feminismus, die Rolle der Frau, als großes Thema hat - was zunächst nur einen klitzekleinen Raum eingenommen hat.
Das Ende der Geschichte ist so großartig wie das ganze Buch. Ich bin wirklich beeindruckt.
Interessante Frage, über die in mir beim Lesen keine Gedanken gemacht hatte. Aber jetzt wo du fragst, mit Milch, verbinde ich weiß, Unschuld, Kindheit. Und der Milchmann steht vielleicht auch für Antiquirtheit. Etwas altertümliches. Einen Job, den es nicht mehr gibt und vielleicht für Männer, die es nicht mehr gibt?
Da sehe ich leider jetzt erst, möchte aber gern noch antworten!
Ich habe gelesen, dass zu dieser Zeit Molotowcocktails in diesen Milchkisten transportiert worden sind und die Milchflaschen entsprechend das Gefäß der Bombe waren. „Milchmann“ war daher meines Erachtens nach einfach die vertuschende/verniedlichende Bezeichnung für einen Bombenleger. Ein Name, den man öffentlich aussprechen konnte, ohne dass man sich dafür angreifbar machte.