Ich dachte an gerade, dass es ein gutes Buch zum gemeinsamen Lesen ist. Es gibt so viele Ebenen und Metaphern zu entdecken, dass jede/r etwas anderes findet.
Der zweite Abschnitt lässt sich für mich am besten als Findungsphase beschreiben. Ich brauchte dieses Kapitel, um mich innerhalb der Geschichte und ihrem Setting zu Recht zu finden. Das Buch macht es einem nämlich nicht leicht und fordert von seinen Lesern viel Mitdenken.
So handelt die Geschichte irgendwann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in einer Stadt, die politisch und religiös zweigeteilt ist – sowohl durch einen See, als auch durch die Hauptstraße. Die Namen der Bürger sind überwiegend englisch und die Bürger selbst sehr konservativ, engstirnig und in Konventionen gefangen. Schon um das kleinste Abbild einer Flagge, kann ein riesiger Streit entstehen. Man muss all diese Hinweise nehmen und sich selbst zusammenreimen, wo das Buch handelt und welcher Konflikt dort herrscht.
Ein zweiter Aspekt, der es mir schwer gemacht hat in die Geschichte hineinzukommen, war das Fehlen jeglicher Namen. Das ist sehr ungewöhnlich und hat mich erst einmal vor dem Kopf gestoßen. Erstaunlicherweise habe ich mich jedoch sehr schnell daran gewöhnt und empfinde es mittlerweile auch nicht mehr als Lesehemmnis.
Aller guter Dinge sind drei – deswegen hatte ich zu Beginn des Buches noch mit einer dritten Sache zu kämpfen: dem Schreibstil. Die Autorin schreibt sehr lange, verwinkelte Sätze, mit sehr wenig wörtlicher Rede. Auch Absätze scheint die Autorin nicht sehr zu schätzen. Dementsprechend sieht man sich auf jeder Seite einer flächigen Mauer an Wörtern gegenüber, die nicht immer leicht zu durchdringen ist, ab und zu abschreckend wirkt und – wie bereits zuvor erwähnt – den Leser zum Mitdenken zwingt.
Leicht lässt sich dieses Buch nicht lesen. Da brauche ich meine Zeit. Es irritiert mich auch, dass die Personen keine Namen haben sondern nur “Schwager drei” oder “vielleicht Freund” tituliert werden. Die langen Sätze müssen gut durchgedacht werden. Und doch macht das Buch manchmal Sprünge. Keine Ahnung wie man so schnell vom Joggen bei Autoteilen landen kann. Humor kann ich trotzdem in der Geschichte finden, wenn auch sehr schwarz und skurril.
Was ich in Abschnitt 1 noch interessant fand, hat sich nun bei Seite 60 bereits verflüchtigt.
Ehrlich gesagt habe ich zwischendrin auch mal zwei Seiten überblättert, und zwar an der Stelle, an der es um den Vielleicht-Freund mit seinen Autoteilen geht. Es stören mich die endlosen Aufzählungen und Sätze, die sich irgendwie wiederholen. Ewige Erklärungen, z.B. warum Frauen Schwager 3 mögen. Es ist mir einfach zu viel. Zu viel unnötiges.
Schmunzeln muss ich trotzdem ab und an. Trotzdem habe ich wohl keinen Sinn für diese Kunst.
Naja, ich mache mich dann mal an den Rest des Abschnitts…
Ich muss sagen, dass ich mich auch, wie einige vor mir, durch den zweiten Abschnitt gequält habe. Im ersten Abschnitt war ich noch voller Vorfreude und dieses erste kurze Kapitel hat mir sowohl vom Sprachstil, als auch von der Handlung sehr gut gefallen. Aber im zweiten Kapitel nerven mich diese ständigen Bandwurmsätze und Wiederholungen und teilweise einfach nichtssagenden Abschnitte. Ich kann mir vorstellen, dass es auf Englisch besser zu lesen ist, weil dort ja die Sätze an sich immer kürzer sind.
Den schwarzen Humor habe ich schon an einigen Stellen entdeckt, er überwiegt aber meiner Meinung nicht und ich kann nicht sagen, dass ich den Roman irgendwie humorvoll finde. Eher bedrückend und trist.
Ganz furchtbar finde ich auch, dass die Mutter dem Getratsche der Nachbarinnen mehr glaubt, als ihrer eigenen Tochter. Und dass die Meinungen der Frauen wohl insgesamt nicht zählen und ignoriert werden.
Die politische Situation finde ich sehr gut dargestellt und endlich weiß man auch, dass die Geschichte in den 70iger Jahren spielt. So kann man alles noch besser einorden, was vorher etwas schwammig war.
Hmm. Also meine Begeisterung ist wirklich flöten gegangen und ich war froh als ich den Abschnitt endlich beendet hatte. Ich hoffe, dass sich das im nächsten Abschnitt wieder ändert.
Nein, da hast Du natürlich völlig Recht, der Humor blitzt nur dann und wann auf und insgesamt ist der Roman recht bedrückend. Ich zumindest nehme das genauso wahr.
Mir fehlt auch ein wenig Struktur. Ein paar Absätze im Text wären schön gewesen.
Witzig! Ich vergleiche es eher mit den eintönigen Monologen meines ehemaligen Geschichtslehrers. Da hab ich auch immer abgeschaltet und aus dem Fenster geguckt. Ups…
Ich finde die Dinge nicht überspitzt. Eine Diktatur oder ein Unrechts-Regime lebt bis heute von der Angst vor Tratsch und Denunziation. Ob das innerhalb einer Religionsgemeinschaft stattfindet oder aus politischen Hintergründen. An dieser Stelle wird deutlich, dass es nicht um den Nord-Irland-Konflikt geht, sondern um jeden Knflikt, indem willkürlich zwischen “denen” und “uns” gespalten wird und die Spaltung als Rechtfertigung für Straftaten dient. Gruselig, wie ähnlich das ist zu Gruppen, die “den Staat” oder die Demokratie ablehnen.
Vielleicht ist das ja Absicht. Sie redet ohne Punkt und Komma, weil … irgendwas passieren wird.
So, nachdem ich mich durch ein Viertel gequält habe, breche ich ab. Ich bin sicher, dass es in diesem Stil weitergeht und den finde ich sehr sperrig und anstrengend.
Man merkt ja schon an den ersten Rezensionen, dass dieses Buch die Leser in zwei Lager teilt. Entweder man kann nichts damit anfangen und müht sich ab oder man findet es faszinierend.
Liebes Team,
mir ist gerade was aufgefallen, als ich nach meinem eigenen Beitrag gesucht habe. Die Abschnitte 2-5 dieser Leserunde sind unsichtbar.
Man kann sie also gar nicht in den aktuellen Übersichten finden. Ist dass denn Absicht?
In jedem Fall nimmt es den Threads die Aufmerksamkeit, wenn sie keiner sieht
Ich habe mich da ein bisschen schwammig ausgedrückt bzw. etwas zu komprimiert. Das was du ansprichst fand ich nicht überspitzt, sondern ich denke auch, dass es leider genau so abläuft (Angst vor Klatsch und Tratsch, Denunziation etc.).
Ich stimme dir auch zu, dass es stellvertretend um jeden Konflikt gehen kann, dafür spricht meines Erachtens auch, dass eben keine Namen genannt werden.
Überspitzt fand ich beispielsweise, wie Vielleicht-Freunds Eltern die Kinder verlassen haben bzw. der Abschiedsbrief. Darauf war das eher bezogen.
Verstanden. Das wirkt wirklich grotesk. Es könnte die Überspitzung sein dafür, dass jede Familie hier Opfer zu beklagen hat, dass das abstumpfen müsste (beklagt euch nicht, wir leiden alle) - und dass sie dieses Verschwinden so nüchtern erzählt.
Diesen Abschnitt fand ich sehr schwierig zu lesen, die Gedanken der Erzählerin drehen sich im Kreis und die Erzählweise ist immer noch sehr verschachtelt. Viel Kritik wird hier subtil dargestellt, aber durch die langatmigen Sätze geht der eigentliche rote Faden etwas im Buchstabengewirr unter. Nach wie vor denke ich, dass ein Vorwort mit einer kurzen Zusammenfassung der politischen Situation im Buch hilfreich gewesen wäre, mir ist schon klar dass die Geschichte in Nordirland spielt doch die ganze Situation scheint mir schwammig beschrieben.
Im 2. Kapitel habe ich mich etwas besser an den ungewöhnlichen Schreibstil gewöhnt.Aber so Endlossätze und Aneinanderreihungen von Adjektiven muss nicht unbedingt sein finde ich.
Der Humor ist recht versteckt aber gut gemacht. Dazu gehört auch die Namenlosigkeit der Personen,die beliebig in der Gesellschaft ersetzt werden können,keine Individuen in dem Sinne sind.
Ich denke mal, das der Milchmann von ihr oder durch die Gerüchte bedingt vom Vielleicht-Freund umgebracht wird.
Die Begebenheit finde ich auch unglaubwürdig und sehr überspitzt dargestellt.
Allmählich lese ich mich rein und ich merke, es könnte funktionieren, dass mit dem ‘gut finden’. Schließlich hat der Roman ja den Man Booker Prize bekommen.
Das hast Du super formuliert. Mir ist die Buchstabenwüste auch aufgefallen, aber der Vergleich mit der Mauer ist absolut stimmig, denn um die Mauer bzw. Grenze geht es ja auch inhaltlich.
Das sehe ich ebenso. Ich merke, wie ich im Verlauf des Gelesenen immer wütender werde. Ellenlange Aufzählungen, dabei immer total distanziert.
Möglicherweise ist das Buch wegen seiner Thematisierung des Nordirland-Konflikts so “wichtig” im angelsächsischen Raum. Ich finde es (bis jetzt) nur nervtötend. Der titelgebende Milchmann ist übrigens hier nur eine Person im Hintergrund. Hauptsächlich geht es um die Familie und um Vielleicht-Freunde. Dieser Blödsinn mit den fehlenden Namen macht mir das Lesen übrigens furchtbar schwer. Ich habe bei der ganzen Lobhudelei das Gefühl von neuen Kleidern für den Kaiser.