Leserunde "So, und jetzt kommst Du" (Arno Frank)

Hallo Ihr!

Wer hat das Buch “So, und jetzt kommst Du” gewonnen und hat Interesse an einem Austausch in Form einer kleinen Leserunde hier?

Ich finde das immer ganz spannend, was die anderen Leute denken. Und da es auch eine Geschichte ist, die in den 80ern statt findet, werden bestimmt einige Erinnerungen wachgerüttelt, oder?

Da ich selber gerade noch ein anderes Buch zu Ende lese, würde ich erst gegen Ende der Woche einsteigen.


Also, auf jeden Fall seid herzlich :purple_heart: eingeladen, wer hier teilnehmen möchte!

Spoiler bitte so verstecken:

[details=Achtung Spoiler!]Ich bin ein Spoiler-Inhalt[/details]

Achtung Spoiler!

Du hast ja doch geguckt! :joy:

Ich bin ein [spoiler]kleiner Spoiler[/spoiler] mitten im Text.
Ich bin ein [spoiler]kleiner Spoiler[/spoiler] mitten im Text.

Da ist was dran, bei mir war das so. Mich hat das Buch zunächst aus zwei Gründen angesprochen. Erstens lebt meine Tochter mit ihrer Familie heute in Hohenecken, und ich bin kürzlich noch auf der Burg gewesen, die im Text auch vorkommt. Zweitens bin ich selbst mal „einfach abgehauen“, das war Ende der Siebziger. Auch über Südfrankreich und Spanien, bin dann in Nordafrika und später auf den Kanaren gelandet. Allerdings war ich nicht auf der Flucht, wie der Vater von Arno im Buch. Ich musste einfach nur mal weg aus diesem geregelten Spießbürgerleben damals…

Im Buch hat mir sofort die Sprache gefallen. Aus der Sicht des kleinen Jungen geschrieben, der Vieles ja ganz anders sieht, das hatte was. Am Anfang scheint das Familienleben ja wirklich ganz in Ordnung zu sein. Der Vater hat Verwaltungsfachangestellter gelernt, war sogar im öffentlichen Dienst tätig - er hätte somit auf Lebenszeit eine sichere Anstellung haben können. Aber das lag ihm wohl nicht, er suchte die Herausforderung, heuerte bei den Amis an und versuchte es danach auf eigene Faust. Der sichere Weg ist das nicht. Bis hierher war er mir durchaus sympathisch.

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Ich bin jetzt mit dem 1. Teil fertig.

Der Sprachstil ist toll! In der kindlichen Naivität eines 8 jährigen Jungen, der nicht alles kapiert und vieles für bare Münze nimmt. Gerade diese “Vorstadt”-Weisheiten, mit denen der arme Junge von seinem Vater und Opa überschüttet wird, finde ich herrlich und köstlich amüsant.

Mir hat der erste Teil sehr gut gefallen. Wie der Junge seine unbeschwerte Kindheit beschreibt. Vieles kann ich selber total nachempfinden, denn ich war zu der Zeit ebenfalls im gleichen Alter. Da kommen die ??? vor, ebenso wie “Da da da” von Trio. Und prompt springt bei mir das Kopfkino an und ich fühle mich zurückversetzt in meine eigene Kindheit.

Dass der Vater ein absoluter Betrüger wird und immer weiter abrutscht, ist ja schon ziemlich am Anfang zu erkennen, und wird ja auch schon im Klappentext beschrieben. Ich finde es herrlich, wie er aber seinem Sohn beibringen möchte, dass das alles absolut normal ist. Das erinnert mich ein bisschen an Roald Dahls überspitzte Darstellung vom Vater der kleinen Matilda.

Irgendwie finde ich ihn ja (noch) sympatisch. Er ist zu seinen Kindern wirklich liebevoll. Und auch, wenn er Scheiße baut, er nimmt immerhin seine Familie mit und lässt sie nicht im Stich! Ich denke, da hätten einige Väter den Schwanz eingezogen und wären abgehauen und hätten Frau mit Kinder mit alle den Schulden allein zurückgelassen. Das muss ich ihm jetzt doch irgendwie hoch anrechnen. Mal sehen, wie es weitergeht.

Das ist ja interessant! ja, damals war noch vieles spießbürgerlicher! Ich bin ein Kind der 80er, ein sogenanntes Kassettenkind, sprich ich bin im gleichen Alter wie der Junge.

Das hat mir auch von Anhieb an gut gefallen! Und es ist trotzdem flüssig und gut zu lesen. Also nicht kindisch, aber herrlich kindlich naiv! So ähnliche Sachen bekomme ich von meinem Sohn auch zu hören. Der ist auch gerade 7 Jahre alt.

Ja, ich denke, anfangs glaubt der Vater tatsächlich noch, dass seine abstrusen Ideen funktionieren können. Solange noch Geld da ist, kann er leicht ein guter Vater sein. Bewähren muss er sich erst dann, wenn es eng wird…

Da bin ich ja wirklich gespannt, was noch auf mich zukommen wird!

Zu Beginn von Teil zwei landen sie in Südfrankreich. Wenn es sich wirklich so zugetragen hat (muss es ja wohl, vielleicht hast du Arno Frank auch am letzten Freitag in der Sendung “aspekte” gesehen, dort hat er das nochmal anschaulich erzählt), haben sie dort zunächst viel Glück gehabt. Sie konnten in eine schöne Villa mit Pool einziehen. Dort hätte der Vater das viele Geld, das er zu dem Zeitpunkt ja noch hatte, besser einsetzen müssen, dann hätte vielleicht noch alles gut werden können. Na ja, jedenfalls, so lange sie ihn nicht erwischt hätten…
(Falls du das Interview nicht gesehen hast, kannst du es dir über die ZDF-Mediathek immer noch ansehen, war ganz interessant)

Ich bin leider noch nicht sehr weit gekommen. Ich bin auch gerade in Südfrankreich, und es muss wohl traumhaft dort sein!

Nein, das Interview habe ich nicht gesehen. Da muss ich heute Abend mal in die Mediathek schauen. das ist bestimmt interessant. Danke für den Tipp!

Was ich mich frage, wie alt ist der Junge aber zu der Zeit? Kann (von dürfen mal ganz abgesehen) der denn schon Moped fahren? Also, ich würde meinem 7 jährigen Sohn noch keine Piaggio in die Hand drücken. Der ist ja gerade mit seinem Fahrrad relativ sicher unterwegs. Das wundert mich dann schon ein bisschen. Denn die Ausdrucksweise passt eher auf einen 7-8 jährigen Jungen, aber wenn er schon Moped fahren kann (allein von der Körpergröße her), dann müsste er doch schon 12 oder 14 Jahre alt sein?

Irgendwie habe ich , glaube ich, nicht mitbekommen, wie alt der Junge gerade ist.

Er ist 13 in Südfrankreich. Steht auf Seite 108. Und was die Ausdrucksweise betrifft, du weißt doch, Jungs sind halt Spätentwickler…:slight_smile:
Lass dir ruhig Zeit, wir haben hier keine Eile. Was Südfrankreich betrifft, ich habe damals auf meinem Trip bei Montpellier gezeltet - die Stadt fand ich hässlich, der Strand war gut. Aber die Atmosphäre von Nizza und Monte Carlo ist schon sehenswert! Aber nicht gerade preiswert. Was ich nie vergessen werde ist die Fahrt mit dem Auto ans Mittelmeer. Wir sind durch die französischen Alpen gefahren, nachts auf zahlreichen Serpentinen. Und lange bevor wir etwas vom Meer sehen konnten, haben wir es gerochen. Dieser milde Duft des Meeres, den kann ich heute noch riechen, wenn ich daran denke.

Kopfklatsch oh man ja! Das habe ich irgendwie total überlesen. Dabei habe ich mich noch gewundert, wer dieser 13-jährige sein soll! Aber ich glaube, da war ich kurz vor’m Einschlafen! Hihi.[quote=„sorko, post:9, topic:2290“]
Und was die Ausdrucksweise betrifft, du weißt doch, Jungs sind halt Spätentwickler
[/quote]

Na, das hast Du gesagt :joy: wird wohl was wahres dran sein!

Aber dann kommt es ja hin. Ein 13jähriger kann wohl eine Piaggio fahren. Dann bin ich wieder im Bilde! Danke!

In Frankreich hat die Familie ja wirklich Glück gehabt, dass sie diese schöne Villa beziehen konnten. Etwas abgelegen, wunderbare Aussicht und ein Swimmingpool, toll! Und zu dem Zeitpunkt war ja wohl auch noch ein großer Teil des unterschlagenen Geldes vorhanden. Es ging ihnen gut. Für die Kinder war es ein Paradies. Leider haben die Eltern es dann übertrieben, sie haben das Geld mit vollen Händen ausgegeben. Man kann ihnen zugute halten, dass sie auch ihre Kinder ordentlich beschenkt haben, aber sich selbst natürlich am meisten. Sie fanden das wohl ganz in Ordnung, denn Vater hatte ja Pläne, wie schon bald wieder Geld reinkommen würde. Im Spielcasino klappt das aber in der Regel nicht.
Meiner Ansicht nach haben sie das Geld viel zu schnell verprasst. An dieser Stelle fingen die Eltern an, auf Kosten ihrer Kinder zu leben. Als Erwachsene konnten sie es leichter verkraften, dass sie dann schnell wieder weg mussten. Für die Kinder war das ein Schock. Nach wie vor begeistert mich die Ausdrucksweise des Autors. Stark geschrieben!

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Den 2. Teil des Buches habe ich nun auch hinter mir.

Ja, hier ist es wirklich für einen 13 jährigen Jungen die tolle supersorglos Zeit! Sonne, Swimming Pool, mit der Piaggio rum kurven. Der protzige Prolet an Vater mit der Angeberkarre.

Von Schreibstil her immer noch köstlich pointiert. Vor allem sehr anschaulich und wortstark. Manche Andeutungen waren mir persönlich dann doch zu undeutlich und sind in den ausgefeilten Formulierungen etwas untergegangen. Zum Beispiel das mit Roxane. Das habe ich nicht ganz kapiert. [spoiler]Haben Sie Roxane nun entführt? Oder war sie wirklich nur Kindermädchen und der Vater hat sich an ihr vergangen?[/spoiler]

Aber man merkt schon, dass sehr viel kriminelle Energie im Vater steckt [spoiler]Alleine, wie er darüber nachdenkt, Susan zu entführen. [/spoiler]

Ich finde es trotzdem sehr ergreifend, wie sehr Arno seinem Vater vertraut, und seine Eltern als Fels in der Brandung sieht. Als unerschütterliche Berge. Diese kindliche Begeisterung und ausnahmlose nicht Infragestellen der Eltern, das kommt sehr gut raus.

Als Leser möchte man immer zurufen, er möge sich vom Vater endlich befreien und abhauen, seine Mutter und seine Geschwister mitnehmen und den Vater links liegen lassen.

Und dann natürlich die Erwachung aus dem Schock [spoiler], als der Vater dann zusammenbricht. Der Berg bröckelt und vor den Kindern weinend zusammenbricht. [/spoiler]. Klar, der Vater ist ein Volltrotttel und schlimmer Hochstapler, aber aus der Erzählung des Jungen kann man ihm irgendwie nicht böse sein. Er lässt seine Familie nicht im Stich, obwohl eigentlich klar ist, dass er dadurch alles nur noch schlimmer macht. Klar, moralisch wäre korrekt, er würde sich der Polizei stellen. nein, am Schluß [spoiler]verwahrlost sogar seine Familie. [/spoiler]

ja, ich habe es mir angeschaut. War auch wirklich interessant. Ich schätze, da es eine „Autofiktion“ ist, hat es sich schon so zugetragen, aber wie er auch selber zugibt, einiges hatte er selber nicht mehr im Gedächtnis und hat sich das durch Erzählungen seiner Geschwister dann zusammengereimt.
Und um die Geschichte rund zu bekommen, wurden bestimmt das ein oder das andere angepasst. Aber ich schätze, es war wirklich so.

Mich würde ja interessieren, was mit den Eltern jetzt ist? Aber vielleicht wird das noch ersichtlich, wenn ich das Buch zu Ende gelesen habe.[quote=„sorko, post:11, topic:2290“]
Und zu dem Zeitpunkt war ja wohl auch noch ein großer Teil des unterschlagenen Geldes vorhanden
[/quote]

Stimmt das denn mit den 300.000 DM? Mir scheint das nicht soooo viel, als das man damit ein neues Leben an der Côte d’Azur anfangen könnte.

Ich denke, die Summe wird wohl stimmen. Damals war das noch etwas mehr wert als heute. Aber du hast recht, in Südfrankreich hätte das nicht lange gereicht. Etwas weiter südlich wäre es möglicherweise schon gegangen. Ein Häuschen mit etwas Grund wäre drin gewesen, er hätte sich dann natürlich eine Einkommensquelle sichern müssen, oder er wäre Selbstversorger geworden. Ich habe damals Leute getroffen, denen ist das gelungen.

Das stimmt. Na ja, er ist noch jung und glaubt an seinen Vater. Wenn der sagt, „wir werden bald reich sein“, dann ist das eben so.

Was zwischen dem Vater und dem Kindermädchen genau passiert ist, hat der Junge wohl nicht mitbekommen. Der Mutter hat das offenbar nicht gefallen. Eine Entführung war es nicht, aber möglicherweise ein Seitensprung.

Das Buch habe ich nun am WE beendet. ich bin wirklich begeistert. Vor allem von der Sprache!

Manchmal ist es mir etwas zu lang, gerade wenn Arno Frank sehr ausführlich dann was beschreibt. Die Dramaturgie ist auch insgesamt eher flach. Also kein “Roadmovie” (wie im Klappentext angekündigt). Darunter hatte ich mir eher wilde Verfolgungsjagden vorgestellt.

Nein, das Ganze ist vielmehr subtiler! Diese Bedingungslosigkeit der Kinder, die ihren Eltern überall mit hinfolgen und alles über sich ergehen lassen. das hat mir sehr zu denken gegeben und sehr zugesetzt. Es ist unglaublich toll geschrieben, in dieser kindlich naiven Ahnungslosigkeit. Das nicht Infragestellen. Auch gibt es keinen Vorwurf oder keine Verurteilung dem Vater gegenüber, sondern vielmehr ist es immer noch diese bedingungslose Liebe, die ein Kind seinen Eltern gegenüber hat. Hui, das ging mir schon unter die Haut.

Alles in allem absolut lesenswert, vor allem auch wegen der wirklich hervorragend ausgearbeiteten, Sprache mit dem ironisch sarkastischen Unterton.

Meine Rezension:
https://www.vorablesen.de/buecher/so-und-jetzt-kommst-du/rezensionen/bildgewaltige-erzahlung-aus-der-ergreifend-nuchternen-realitat-eines-kindes

Danke dem Vorablesen-Team, dass ich das Buch lesen durfte!

Das empfand ich nicht so. Gut, keine wilden Verfolgungsjagden, aber an mehreren Stellen sind sie wirklich nur sehr knapp davongekommen. Man denke nur an die strategisch vorbereitete Flucht aus dem Hotel in Portugal oder an die Flucht aus dem Haus der Großmutter in letzter Sekunde. Das war schon dramatisch. Und der Weg, den sie genommen haben, lässt es für mich dann doch zu einem Roadmovie werden.

Ich hatte an einigen Stellen den Eindruck, dass die kleine Jeany auf ihre Art schon einen gewissen Widerstand gegen manche Entscheidungen erkennen ließ. Viel mehr als der Junge jedenfalls. Natürlich haben sie sich letztendlich gefügt, was blieb ihnen auch anderes übrig?

Insgesamt aber wirlich ein tolles Buch, hat mir sehr gut gefallen!